Wenn man die Kaffeemaschine alle paar Wochen entkalken muss, hat man bestimmt schon einmal über seinen Wasserversorger geschimpft. In anderen Orten kommt weiches Wasser aus der Leitung. Die „Kalkhärte“ setzt sich aus den Mineralien Calcium und Magnesium zusammen. Aus gesundheitlicher Sicht gibt es keinen Grund, diese zu entfernen – sie sind sehr wichtig für den menschlichen Organismus. Somit geben die Wasserversorger mit hartem Wasser gleichzeitig gesundes Wasser ab. Wieviel Calcium und Magnesium maximal enthalten sein dürfen, ist in der Trinkwasserverordnung nicht festgeschrieben. Überdosieren kann man die Mineralien nämlich nicht. Dennoch wünschen sich viele Bürger eine zentrale Wasserenthärtung. Umfragen aus einzelnen Regionen ergeben, dass viele auch bereit wären, dementsprechend mehr für das Wasser zu bezahlen. Immer wieder hört man von einzelnen Gemeinden, die sich dazu entschließen, eine zentrale Enthärtungsanlage zu installieren. Berechnet man die Kosten und die Umweltbelastung, zahlt sich eine solche Anlage in der Regel nicht aus. Oft vernachlässigt man, dass nicht nur Haushalte das Wasser beziehen. Ihre Kaffeemaschine würde sich über weicheres Wasser freuen, wie sieht das aber ein Labor, eine Zahnarztpraxis oder eine Gärtnerei? Für viele Anwendungen wäre eine zentrale Enthärtung unnötig, wenn nicht sogar falsch. Bei der zentralen Enthärtung kommen verschiedene Verfahren zum Einsatz. Einerseits können Langsamentkarbonisierung (LEK), Schnellentkarbonisierung (SEK), CARIX-Verfahren/Ionenaustausch, Nanofiltrationsverfahren (NF), Umkehrosmose oder die (RO)Ionentauschertechnik angewendet werden. Alle diese Möglichkeiten der Wasserenthärtung eint ein hoher Abwasserverbrauch. Die Anlagen müssen nämlich mit viel Trinkwasser gespült werden, um in Schwung zu bleiben, wobei die Nanofiltration oder Umkehrosmose durch ihre extrem belastenden Abfallkonzentrate aus Umweltschutzgründen eher zu meiden wären. Sofern Sie eine Umkehrosmoseanlage oder einen Ionentauscher bei sich selbst zu Hause betreiben erhöht sich ihr eigener Wasserverbrauch natürlich auch und sie erzeugen auch mehr Abwasser. Eine zentrale Enthärtung verursacht jedoch insgesamt weit größere Kosten, da auch das Wasser für Industrie und Landwirtschaft, die Versorgung kommunaler Grünflächen, Jungpflanzenbewässerungen oder letztlich auch planmäßig notwendige Rohrnetzspülungen die Gesamtkosten beeinflussen. Dieses Wasser zu enthärten, schießt über das Ziel hinweg. Nicht nur die Betriebe haben Einwände. Viele Menschen möchten kein chemisch aufbereitetes Wasser trinken, wissen sich auf natürliche Weise gegen den Kalk zu helfen oder sind sogar vom ausgezeichneten Mineralgehalt des Trinkwassers, der die Werte von teuer bezahlten und herantransportierten Mineralwässer in den Schatten stellt, sehr begeistert. Insofern ist eine individuelle Aufbereitung in den Haushalten eine „Glaubensfrage“ und eine persönliche Entscheidung. Die Entnahmegrenze des Brunnenwassers (die erlaubte Entnahme- Höchstmenge an Grund/Tiefenwasser zur Trinkwasseraufbereitung durch das Wasserwerk) ist ein weiterer Punkt der in die Überlegungen einbezogen werden muss. Eine zentrale Enthärtungsanlage würde diese Entnahmegrenze, aufgrund des erheblichen Mehrverbrauches an Brunnenwasser durch den Enthärtungsvorgang, wohl deutlich überschreiten. Zu berücksichtigen ist auch der Umstand, dass in allen Haushalten, deren Leitungssysteme (noch) nicht aus Composit- oder Edelstahlmaterial bestehen (also aus Stahlrohr oder verzinktem Rohrmaterial bestehen), Schäden durch Ablösung der über Jahrzehnte angelagerten Inkrustation vorhersehbar eintreten werden, da weicheres Wasser diese abschwemmen kann. Um mit Trinkwasser Säuglingsnahrung zubereiten zu können, liegt der Grenzwert von Natrium bei 20 mg/l. Der Grenzwert der nächsten Stufe für natriumarmes Wasser liegt hingegen bei 100 mg/l, während die Trinkwasserverordnung (TrinkV) den Natriumgehalt letztlich auf 200 mg/l begrenzt. Sofern im Ionentauschverfahren enthärtet wird, erhöht sich der Natriumgehalt im Wasser. Zur Reduzierung um je 1°dH (deutscher Härte) werden dem Wasser 8,2mg Na/l zugegeben. Trinkwasser unterhalb 15°dH wird üblicherweise keiner zentralen Enthärtung unterzogen. Unabhängig davon ist das Ziel einer zentralen Enthärtungsanlage ein Härtegrad von maximal 8°dH. Die Enthärtung von 15°dH auf 8°dH würde den Natriumgehalt somit um 7 x 8,2mg Natrium/Liter erhöhen. Mit einer Enthärtung des Wassers mittels Ionentauschverfahren wird der Grenzwert für Säuglingsnahrung (20mg/l) also grundsätzlich überschritten und das Wasser für Säuglingsnahrung ungeeignet. Am Beispiel Waghäusel, mit einem Härtegrad von 19,5°dH und einem Na- Gehalt von 20mg/l, (geeignet für Säuglingsnahrung) erhält man durch eine Enthärtungsanlage mit dem Ziel 10°dH einen Na- Gehalt von 97,9mg/l. Sollte ein Zielwert unter 10°dH angestrebt werden, wird sogar der Grenzwert für eine natriumarme Ernährung (100mg/l) überschritten. Besonders für Risikogruppen könnte das zu Problemen führen.
M. Kretzler
Quellenangaben
http://apps.who.int/iris/bitstream/10665/77985/1/9789241504836_eng.pdf?ua=1&ua=
https://www.dvgw.de/medien/dvgw/leistungen/publikationen/twin07-1309.pdf
https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/kalk/35151
http://www.sueddeutsche.de/geld/experten-beruhigen-keine-angst-vor-kalk-im-wasser-1.3027048